Mit dem Start des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) am 1. Juni 2023 gibt es nun ein einziges Gericht innerhalb der EU, das über patentrechtliche Streitigkeiten entscheidet. Der Präsi-dent von V.O. Bernard Ledeboer arbeitet in Teilzeit als Richter am EPG. Er blickt zurück und voraus.
Patentstreitigkeiten vor dem Einheitlichen Patentgericht (EPG)
Ein Vorstellungsgespräch
Das EPG hat das europäische Patentsystem verändert, indem es eine Reihe von nationalen Patentgerichten innerhalb der EU zu einem einzigen Patentgericht zusammengeführt hat. In-folgedessen kann das EPG derzeit über Nichtigkeits- und Verletzungsfälle für 18 teilnehmende EU-Mitgliedstaaten entscheiden. Damit ist das EPG weltweit einzigartig: Zum ersten Mal kann ein Zivilrechtsstreit für mehrere Länder gleichzeitig entschieden werden.
Wie ist das EPG in letzter Zeit aufgenommen worden?
„Das EPG hat den Auftrag, einheitliche, rasche und effiziente Urteile in Patentstreitigkeiten zu fällen. Wir verfolgen einen straffen Zeitplan, der darauf abzielt, Urteile innerhalb eines Jahres zu fällen. Das macht unsere Rechtsprechung für die Unternehmen berechenbar. Als EPG Richter sind wir in dieser Hinsicht streng: Bislang gab es nur wenige Verzögerungen. Darüber hinaus ist die Qualität der Rechtsprechung des EPG sehr hoch. In den Gremien des EPG sitzen die besten Patentrichter Europas. Die rotierende Zusammensetzung der Gremien gewährleistet eine har-monisierte, europäische Auslegung. Dies gewährleistet vorhersehbare, einheitliche und kohä-rente Urteile. Darüber hinaus setzen sich die Spruchkörper sowohl aus juristisch als auch tech-nisch qualifizierten Richtern zusammen, die gemeinsam über alle Aspekte von Patentstreitigkei-ten entscheiden. So werden bei der Beurteilung von Fällen stets fundierte patentrechtliche und technische Kenntnisse kombiniert. Ich denke, das ist einer der Hauptgründe, warum die Einfüh-rung des EPG sehr geschätzt wird.“
„Das Vertrauen in das EPG zeigt sich auch am Erfolg der neuen Einheitspatente (EP). Dieses neue EP ist ein Patent für jeweils 18 EU-Länder. Das ist effizienter als die klassischen europäi-schen Bündelpatente, die noch in jedem europäischen Land einzeln validiert werden müssen.
“EPG trifft eine einheitliche, schnelle
und effiziente Entscheidung”
Für diese EPs ist das EPG das einzige zuständige Patentgericht. Anfangs gab es aus diesem Grund eine gewisse Zurückhaltung bei der Entscheidung für das EP. Inzwischen werden jedoch 25 bis 30 Prozent der neuen Patente als EPs angemeldet. Dies zeigt, dass ein großes Vertrauen in das EP besteht. Die Unternehmen sehen die Vorteile wie niedrigere Kosten und eine größere geografische Reichweite ihrer Patente“.
Wie viele und welche Klagen sind inzwischen eingereicht worden?
„Die Zahl der eingereichten EPG-Klagen ist recht hoch: Inzwischen sind es mehr als 700 (Stand Ende Januar 2025, Anm. d. Red.). Dies entspricht im Übrigen den Erwartungen. Als kleines Land sind die Niederlande in diesem Bereich traditionell besonders aktiv. Deutschland ist am ak-tivsten, vor allem in der Lokalkammer München des EPG, wo auch V.O. eine Niederlassung hat. EPG hat in vielen EU-Ländern eine Lokalkammer, darunter in den Niederlanden eine Lo-kalkammer in Den Haag und in Belgien eine Lokalkammer in Brüssel.
„Was die Art der Fälle betrifft, so liegt der Schwerpunkt auf Verletzungsfällen. Das sind derzeit etwa 36 Prozent der Fälle. Eigenständige Nichtigkeitsverfahren (siehe Kasten) sind mit einem Anteil von etwa 8 % an der Zahl der Fälle weniger häufig. Diese tauchen jetzt oft als 'Gegen-schlag' in Verletzungsfällen auf.
Wie wird sich das EPG Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren entwickeln?
„Einige Branchen, wie z. B. die Pharmaindustrie, waren anfangs zurückhaltend, aber wir sehen bereits einen Wandel. Die Unternehmen erkennen allmählich die Vorteile eines europäischen Verbots durch das EPG und wägen sorgfältig die Kosten und die Vorlaufzeit ab. In Zukunft wird es wahrscheinlich einen Mix geben, bei dem Unternehmen strategisch Einheitspatente, traditi-onelle europäische Bündelpatente und nationale Patente kombinieren.“
„Auch für kleinere Unternehmen, wie Start-ups und kleinere KMU, wird das EPG attraktiv sein. Als Patentrichter bin ich zum Beispiel an einem Fall beteiligt, in dem zwei belgische KMU in Belgien einen Patentstreit vor dem EPG in Brüssel austragen. Für diese Unternehmen bietet das EPG den Vorteil, dass das Urteil nicht nur für ihren belgischen Heimatmarkt, sondern auch un-mittelbar für andere EU-Länder gilt. Zuvor war ich als Richter an einem ähnlichen Fall zwischen zwei deutschen KMU in Düsseldorf beteiligt. In den Niederlanden hat kürzlich ein Startup-Unternehmen erfolgreich am EPG geklagt, um einen Rechtsverletzer aus Spanien vom Markt auszuschließen. Kleinere Parteien können also durchaus von einer effizienten und umfassenden Patentdurchsetzung durch das EPG profitieren.“
„Was das Verhältnis von Verfahren durch das EPG zu nationalen Gerichten angeht, so erwarte ich, dass das EPG einen zunehmenden Anteil der Fälle bearbeiten wird. Ab 2030 wird das EPG wahrscheinlich die alleinige Zuständigkeit für die EU-Mitgliedstaaten haben, um auch über klassische europäische Bündelpatente zu entscheiden: Jetzt kann man sich für diese Patente zusätzlich zum EPG noch auf Länderbasis an die nationalen Gerichte wenden. Auch in Zukunft werden die nationalen Gerichte ihre Rolle spielen, wenn es um nationale Patente geht. Aber diese Verfahren werden eine immer geringere Rolle spielen.
„Das EPG selbst hat ein starkes Fundament, dessen Regeln in einem von den meisten EU-Mitgliedstaaten unterzeichneten Vertrag verankert sind. Das Gericht wird die Zahl der Richter und Fälle weiter erhöhen und sich voraussichtlich zu einem vollwertigen und noch effizienteren europäischen Patentgericht entwickeln.“

Welche Rolle spielen die Patentanwälte in den Verfahren?
„Patentanwälte spielen eine wichtige Rolle in Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren. Nicht nur, weil sie die Technik der Erfindung verstehen und erklären können, sondern weil sie auch an der Entstehung von Patenten beteiligt sind. Daher wissen sie, wie Patente zu interpre-tieren sind, welche patentrechtlichen Fragen sich stellen und welche Argumente in Bezug auf Gültigkeit und Verletzung formuliert werden können. Vor allem am EPG, wo technische Richter eine wichtige Rolle spielen, ist es wichtig, einen guten Patentanwalt im Prozessteam zu ha-ben.“
„Traditionell spielen Patentanwälte eine unterstützende Rolle für nationale Patentgerichte. Da aber viele unserer europäischen Patentanwälte die Möglichkeit genutzt haben, eine unabhän-gige Gerichtsbarkeit beim EPG zu beantragen, werden Sie dort mehr Teams von Patentanwäl-ten und Rechtsanwälten sehen, die eine gleichberechtigte Rolle einnehmen. Vor allem in den Fällen, in denen V.O. mit externen Patentanwälten zusammenarbeitet, ist dies für unsere Man-danten von Vorteil. Auf diese Weise können wir mit unserem Wissen über den Mandanten effi-zient arbeiten, nah am Ball bleiben und mögliche kommerzielle Lösungen zwischen den Partei-en im Auge zu behalten.“
Mehr zu EPG und EP finden Sie im Dossier
Möchten Sie mehr über Nichtigkeits- und Verletzungsklagen erfahren? Lesen Sie 'Der Weg in die Zukunft bei Patentstreitigkeiten’
Teilen
Poll
Wat gaat het nieuwe octrooisysteem (UPC) voor mij betekenen?
Als het UPC en unitair octrooi worden ingevoerd, zal ik:
voor mijn bestaande en nieuwe EU octrooien waarschijnlijk kiezen voor UPC
25%
voorlopig nog het huidige systeem volgen en eerst de UPC-ontwikkelingen afwachten
25%
niet weten wat het beste is om te doen
25%
Kies uw antwoord en zie de reacties van andere lezers!
Lees meer over het UPC en het unitair octrooi.